Warum eine Sangha?

Wenn wir ernsthaft Meditation üben, merken wir mit der Zeit, dass wir uns auf eine Reise begeben haben, die viel Freude und Zufriedenheit, aber auch allerlei Schwierigkeiten mit sich bringen kann.

Unsere Inspiration unterliegt starken Schwankungen. Wir werden unseren oft sehr hoch gesteckten Idealen nicht gerecht, sehen immer klarer, wie sehr unser Leben durch oftmals wenig hilfreiche Gewohnheiten bestimmt wird. Und mit unserer Fähigkeit uns zu sammeln und dem Wunsch, immer öfter tiefe Einsichten in die Natur der Dinge zu erlangen, klappt es auch nicht so, wie vielleicht anfangs mal erhofft.

Schließlich müssen wir zugeben: Ohne Unterstützung kommen wir auf unserem Weg nicht weiter. Selbstverständlich können wir die von einem spirituellen Lehrer oder Meister erwarten. Doch der ist selten zur Stelle. Und entsprechende Seminare kosten Zeit und Geld.

Beistand kann aber auch in Form von Ratschlägen aus einer Sangha erfolgen. Das ist eine spirituelle Gemeinschaft, die sich im Laufe der Zeit von Menschen gebildet hat, die verbindlich einen spirituellen Weg mit anderen zusammen gehen und die dabei erlebten Freuden und Schwierigkeiten miteinander teilen wollen. Jede Gruppe von Menschen kann als Sangha praktizieren, als eine Gemeinschaft, die entschlossen ist, in Harmonie und Bewusstheit zu leben. Alles, was dafür nötig ist, ist, gemeinsam in Richtung Frieden, Freude und Freiheit zu gehen.

Hier finden wir vielleicht Menschen, die sich in unsere Situation versetzen können und die uns helfen, unsere Meditationspraxis zu verbessern oder die spirituellen Prinzipien in unserem Leben zu üben. Auf jeden Fall gibt es dort jemanden, der uns zuhört und ein wenig emotional unterstützt, der uns hilft, die Quelle unserer Inspiration wieder zu finden oder einen Tipp gibt, wie ein zwischenmenschlicher Konflikt gelöst werden kann.

Auch spirituelle Gemeinschaften bestehen meistens aus ganz normalen Leuten mit guten und weniger guten Eigenschaften. Neben all dem Guten und Inspirierenden begegnet man auch Schwächen, unachtsamem Verhalten und Problemen aller Art – kurz gesagt, dem Leben wie es jeder kennt. Gemeinsam profitieren wir von unseren Stärken und lernen von unseren Schwächen.

Eine Sangha ist durch die Praxis der Achtsamkeit, Konzentration und Einsicht verbunden und eröffnet daher nahezu unerschöpfliche Möglichkeiten, liebevolle Güte und Einfühlungsvermögen zu kultivieren und im Umgang mit anderen zu praktizieren. Eine Sangha ist so etwas wie eine spirituelle Familie, ein lebender Organismus. Sie ist kein Verein, dem man einfach beitreten kann.

Die Meditationsabende beginnen in der Regel mit einer Tee-Zeremonie, es folgen Enspannungsübung, ein Kurzvortrag über Zen und Meditationspraxis, eine geführte Achtsamkeitsmeditation, eine Meditation in Bewegung und eine Zen-Meditation in Stille. Abschließend gibt es Gelegenheit zum Gedankenaustausch.

Da viele die gemeinsame Praxis insbesondere auch zur Stärkung ihrer individuellen Praxis nutzen, richten sich die Themen, mit denen wir uns befassen, auch sehr nach dem, was uns gerade in unserem Leben beschäftigt. Unsere Gespräche stellen damit auch eine fortgesetzte Erkundung dessen dar, was es bedeutet, an unserem Platz in dieser Welt ein Leben in Achtsamkeit zu leben.

Sangha bedeutet auch ein besonderes Kraftfeld. Wir aktivieren diese Sangha-Energie durch das gemeinsame Meditieren, aber auch durch gemeinsame Unternehmungen und durch gemeinsamen Spaß. Wichtig für uns alle ist es auch, sich immer wieder folgende Frage zu stellen: „Was kann ich geben?“ Würde man, wie es häufig in unserer Welt geschieht, die Frage „Was kann ich bekommen?“ voranstellen, wären wir weit von einer positiven Entwicklung entfernt.

Die produktive und befreiende Frage nach dem eigenen Einsatz setzt freudvolle Energie frei. Die entspannte, absichtslose Aktivität macht uns zugleich offen und der natürliche Ausgleich von Geben und Nehmen im Geist und der Welt führt immer wieder dazu, dass wir mit Glück und Freude beschenkt werden.

Denn uneigennützige Arbeit für andere führt zum Aufbau sehr guter Eindrücke im eigenen Geist: Es ist das „Verdienst“, von dem Buddha im Zusammenhang mit positiven Handlungen spricht. Zugleich bedeutet es den Aufbau von Weisheit, weil wir in der völligen Konzentration auf die Arbeit und dem Verständnis, dass wir von den anderen letztlich nicht getrennt sind, Raum immer weniger als Trennung und immer mehr als etwas Verbindendes begreifen.